Zu alt? Von wegen!

Tipps für ein erfülltes Sexleben im Alter

Das Wichtigste vorneweg: Für ein erfülltes Sexleben ist man nie zu alt. Selbst wenn es bisher nicht besonders zufriedenstellend war oder die Lust mit den Jahren verebbt ist, lassen sich alte Triebe neu beleben. Sex findet zuallererst im Kopf statt und nicht im Bett.

paar verliebtAllerdings muss man es wollen – und genau hier liegt die Krux. Denn es bedarf einer offenen und vertrauensvollen Kommunikation über die eigenen Wünsche und die des anderen, um einander nah zu bleiben bzw. sich wieder näherzukommen. Doch die Sprachlosigkeit zu überwinden, stellt für viele Menschen nicht nur in Liebesdingen eine große Hürde dar. So entstehen Missverständnisse – er geht ihr aus dem Weg, weil er nicht mehr so kann, wie er will, und sie denkt, er begehrt sie nicht mehr. Im Alter ist das Thema Sexualität nicht mehr nur mit Lust und Liebe besetzt, sondern manchmal auch mit Angst – vor Versagen, Kränkung und Krankheit.

Wichtig ist es, gemeinsam eine Lösung zu finden, die übrigens auch darin bestehen kann, in gegenseitigem Einvernehmen alle sexuellen Aktivitäten einzustellen. Wer das jedoch nicht möchte, ist gut beraten, Probleme anzusprechen. Vielleicht braucht es nur eine andere und bequemere Stellung, um trotz Gelenkund Muskelschmerzen befriedigenden Sex haben zu können. Bei einer trockenen Scheide sorgen gut verträgliche Gleitgele für ausreichende Feuchtigkeit (s. Körperliche Veränderungen, Kasten). Erektionsstörungen können vorübergehend oder dauerhaft auftreten, auf jeden Fall sollten sie ärztlich abgeklärt werden.

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Ann-Marlene Henning
Sexualtherapeutin, Buchautorin, Moderatorin

Intimität und Differenzierung haben mit Nähe und Distanz zu tun. Häufig sind es emotional sehr enge Beziehungen, in denen die gemeinsame Sexualität leidet oder ganz einschläft. Sexuelle Anziehung und Begierde werden überhaupt nur möglich, wenn sich zwei Individuen aus einer gewissen Distanz in ihrer Einzigartigkeit begegnen. Dann lohnt es sich, den anderen zu verführen, ihn näherkommen zu lassen.

In jedem Fall hat sexuelles Begehren etwas mit einer angenehmen gedanklichen Assoziation im Vorwege eines Geschehens zu tun – vielleicht träumt man von einer sexuellen Begegnung später am Tage mit dem Partner. Oder man denkt an das Wochenende, an dem mehr Zeit füreinander sein wird. Dieses Minimum an Distanz, das gebraucht wird, um Begehrlichkeit zu wecken, ist umso wichtiger im Ruhestand, wenn beide Partner zu Hause sind und mehr Zeit als je zuvor miteinander verbringen.

Mal davon abgesehen, gibt es bei eingeschränktem Stehvermögen auch andere Möglichkeiten als den Geschlechtsakt, um sich gegenseitig Erfüllung zu schenken. Neben Fingerfertigkeit und oraler Stimulation bereichern Sexspielzeuge wie Vibrationsringe oder Vibratoren das Liebesleben beider Partner und versprechen individuellen Genuss unabhängig von einer stabilen Erektion. Fassen Sie sich ein Herz und probieren einfach mal etwas Neues aus.

Wie steht es bei Ihnen?

hoseKnapp 20 Prozent der deutschen Männer leiden unter Erektionsproblemen. Die Wahrscheinlichkeit von Potenzstörungen nimmt mit dem Alter zu: Bei den 60- bis 69-Jährigen ist jeder dritte Mann betroffen, bei den über 70-Jährigen sogar jeder zweite. Eine Erektionsstörung kann organische Ursachen (wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schäden an Nerven oder Rückenmark) oder seelische Ursachen haben. Aber auch bestimmte Medikamente, Alkohol und Drogen können eine Erektionsstörung hervorrufen. Um also den richtigen Therapieansatz zur Behandlung Ihrer Erektionsstörung zu finden, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Zunächst kann Ihr Arzt prüfen, ob eine Änderung einer bestehenden Medikation oder eine gesündere Lebensführung (Verzicht auf Alkohol und Zigaretten, dafür regelmäßiger Ausdauersport) schon zu einer Verbesserung der Erektionsprobleme führen kann. Bei seelischen Störungen oder Schwierigkeiten in der Paarbeziehung kann eine Gesprächs- oder Sexualtherapie helfen. Die erektile Dysfunktion, so der medizinische Fachbegriff, wird klassischerweise medikamentös behandelt. Dabei kommen vor allem sogenannte PDE-5-Hemmer zum Einsatz. Sie sorgen dafür, dass mehr Blut in den Penis strömt, was Dauer und Stärke der Erektion verbessert. Da sie gut verträglich sind, werden sie auch Patienten mit kontrolliertem Bluthochdruck, Diabetes, Depression oder nach Prostatakrebs verschrieben. Zu den weiteren Behandlungsmöglichkeiten zählen Schwellkörperinjektionen, Vakuumerektionshilfen und als letzte Option eine Bypass-Operation oder ein Penisimplantat.

Wer an Blasenschwäche leidet, sollte vorher zur Toilette gehen – das braucht niemandem peinlich zu sein, vor allem dann nicht, wenn es mit dem Partner besprochen ist.

Die beste Voraussetzung für Spaß am Sex ist ein liebevolles Verhältnis zum eigenen Körper und dem der Partnerin oder des Partners. Die körperlichen und hormonellen Veränderungen, die die Wechseljahre der Frau und die "Andropause" des Mannes (Phase nachlassender Androgenproduktion) mit sich bringen, bieten auch eine Chance, sich selbst mehr Aufmerksamkeit zu schenken und den Blick auf andere Dinge jenseits von Kindern und Karriere zu richten. Sich spüren und den anderen verführen – das kann man in jedem Alter lernen.

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Prof. Dr. Andreas Wiedemann
Chefarzt der Urologischen Klinik Witten

Vorsicht vor Potenzpillen aus dem Internet

Das Geschäft mit gefälschten Potenzpillen zu Dumpingpreisen boomt. Deshalb ist dringend davon abzuraten, irgendwelche vermeintlichen Schnäppchen über das Internet zu bestellen. Sie riskieren Ihre Gesundheit! PDE-5-Hemmer sind aus gutem Grund verschreibungspflichtig – denn nur Ihr Arzt kann entscheiden, ob Sie die Mittel vertragen. Ohne Rezept dürfen PDE-5-Hemmer zum Beispiel nicht bei Herzbeschwerden eingenommen werden und vertragen sich nicht mit Nitraten, die bei Angina pectoris als Notfallmedikament verordnet werden.
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Sex im Altersheim –
Intimsphäre wahren!

Das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Sexualität bleibt auch im Altersheim bestehen, doch nicht immer können die zumeist betagten Bewohner diesem Bedürfnis nachgehen. Scham und Unsicherheit aufseiten des Personals, eine eher geschäftsmäßige Atmosphäre und Mehrbettzimmer erschweren intime Momente. Nur in wenigen Heimen gibt es Rückzugsräume, die den Austausch von Zärtlichkeiten ermöglichen. Dabei muss das Leben im Heim nicht gleichbedeutend mit einem Verlust von Persönlichkeit und Intimität sein. Ob die Intimsphäre der Bewohner gewahrt und ihre Identität als Frau oder Mann anerkannt wird, hängt vom Pflegemodell und der Heimleitung ab.